FEHLERBERICHTSSYSTEME IN DER MEDIZIN
Bereits in den späten 90er-Jahren gab es in einigen Fachgebieten, insbesondere in der Anästhesie, Bestrebungen, zu einer offenen flexiblen Fehlerkultur überzugehen. Da im Rahmen von haftungsrechtlichen Konsequenzen große Schwierigkeiten befürchtet wurden und diesbezüglich in der Luftfahrt mit anonymen und sanktionsfreien Meldungen gute Erfahrungen vorlagen, wurde ein auf den Gesundheitsbereich adaptiertes webbasiertes „Critical Incident Reporting System“ entwickelt. Schon seit 2005 gibt es eine offizielle, von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Bundesärztekammer bereitgestellte und vom Ärztlichen Zentrum für Qualitätssicherung begleitete Internetplattform CIRSMEDICAL,
www.cirsmedical.de (ext. Link)
auf der medizinisches Personal berufsgruppenübergreifend aus allen Sektoren des deutschen Gesundheitswesens Fehler, Beinahe-Schäden, Kritische Ereignisse oder auch Unerwünschte Ereignisse veröffentlicht und zur Diskussion stellt. Die Berichte dürfen keine Daten enthalten, die Rückschlüsse auf die beteiligten Personen oder Institutionen erlauben. Die Übertragung der Daten erfolgt verschlüsselt. Es werden keine personen- oder ortsbezogenen Daten gespeichert (z. B. IP-Adresse). Die Fallbeschreibungen werden anschließend von Experten diskutiert und kommentiert sowie rechtliche und organisatorische Konsequenzen dargestellt. Es entstand so ein ständig wachsender Fundus an Fehlervermeidungsstrategien, von denen jeder im Gesundheitswesen Tätige profitieren kann. Viele Krankenhausabteilungen sind inzwischen dazu übergegangen, CIRS als Lernplattform im Rahmen der abteilungsinternen Fortbildungen zu nutzen.
Da im Rahmen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes der § 136 SGB V geändert wurde, ist die Implementierung eines Risikomanagement- und Fehlermeldesystems für Krankenhäuser, für das seit Februar 2014 die Anforderungen des Gemeinsamen Bundesausschusses vorliegen, verpflichtend.
Zwischenzeitlich wurde die Qualitätsmanagement-Richtlinie Krankenhäuser am 16. November 2016 von der sektorenübergreifenden Qualitätsmanagement-Richtlinie abgelöst
Im Juli 2016 sind zusätzlich dazu die Anforderungen an einrichtungsübergreifende Fehlermeldesysteme von Krankenhäusern als Grundlage für Vergütungszuschläge in Kraft getreten.
Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Das bekannte QM-Motto „Jeder Fehler ist ein Schatz“ ist dabei für die Lernplattform CIRSMEDICAL wörtlich zu verstehen. Kritisch ist es, aus Fehlern nicht zu lernen und sie zu wiederholen, dies zu vermeiden hilft CIRS.
Mit dem Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland (KH-CIRS-NETZ-D) liegt ein Berichtssystem speziell für sicherheitsrelevante Ereignisse im Krankenhaus vor, welches dem überregionalen, interprofessionellen und interdisziplinären Lernen dient. Die Träger des Projekts sind das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin, das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V., die Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. und der Deutsche Pflegerat e.V.
Speziell für den hausärztlichen Bereich wurde 2004 vom Institut für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt „Jeder Fehler zählt“ als erstes bundesweites Fehlerberichts-system einer Fachgruppe entwickelt. Fehler und kritische Ereignisse aus Praxen werden berichtet, damit andere Praxen nicht die gleichen Fehler machen müssen. Je häufiger gemachte Fehler berichtet werden, desto genauer und praktikabler können die Analysen und die daraus abgeleiteten Strategien zur Vermeidung von Fehlern sein.
www.jeder-fehler-zaehlt.de (ext. Link)
Das „Ärzteblatt Sachsen-Anhalt“ wird in regelmäßigen Abständen Fallbeispiele aus dem Fundus von CIRSMEDICAL oder JEDER FEHLER ZÄHLT veröffentlichen. Dabei soll versucht werden, Fälle herauszufiltern, die für möglichst viele Kollegen von Interesse sind.